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NEWS

17.04.2019

SHERPA Interview Marko Reichmann Christian Leis

SHERPA im Interview

„Wir werden weiter genau auf unsere Kunden hören“

Der enge Dialog mit Werkstätten und Prüforganisationen, die Innovationskraft von SHERPA Autodiagnostik und das Knowhow der STENHOJ-Gruppe sind für Ge-schäftsführer Marko Reichmann und Vertriebsleiter Christian Leis entscheidend für den Erfolg des Unternehmens. Jetzt wollen sie das Servicenetz weiter aus-bauen und verstärkt in neue Märkte vorstoßen.


SHERPA hat in den vergangenen Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt. Wie wollen Sie dieses Tempo in den kommenden Jahren halten?

Marko Reichmann In den vergangenen Jahren haben wir unsere Produktpalette konsequent ausgebaut. Mit unserer Abgasprüftechnik können wir die komplette Prüfstraße anbieten – vom Fahrwerkstester über den Bremsenprüfstand, der Hebebühne bis hin zur Lichteinstellung und eben der Abgasprü-fung. Dank dieses breiten Angebots werden wir in den kommenden Jahren sowohl an der Seite der Überwachungsorga-nisationen als auch unabhängig von diesen die Internationali-sierung unsers Geschäfts beschleunigen.

Außerdem treiben wir die Entwicklung unserer Prüfstände wei-ter voran. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten. So können etwa die Start- und Stoppzeiten an einem Prüfstand erfasst und die Belastung des Getriebes in der Anlage genau-er analysiert werden. Damit lassen sich die Wartungsintervalle optimieren und der Stillstand der Anlage vermeiden.

Ganz wichtig wird es auch in Zukunft bleiben, das Ohr am Markt zu haben, die Bedürfnisse der Überwachungsorganisationen, die zu unseren Kunden zählen, ebenso genau zu kennen wie die der Werkstätten – und hierzu die passenden Produkte zu entwickeln. SHERPA ist hervorragend aufgestellt, um neuen Anforderungen kurzfristig und kundenorientiert mit neuen Angeboten zu begegnen.

Wann ist die Abgasmesstechnik von SHERPA marktreif?

Reichmann Bis Mitte 2019 werden wir Abgasprüfgeräte im Angebot haben. Dabei übernehmen wir Technologien unseres schwedischen Schwesterunternehmens STENHOJ Sweden, die wir um eigene Innovationen ergänzen und bei Bedarf an weitere Anforderungen unserer Kunden anpassen. Von 2021 an ist die Partikelzählung vorgeschrieben – da wollen wir von Anfang an mit geeigneter Prüftechnik dabei sein. Die Messung von Stickoxiden ist noch nicht im Gesetz für die Hauptuntersuchung verankert. Aber auch darauf stellen wir uns bereits ein, um frühzeitig marktreife Produkte anbieten zu können.

Wie groß ist der Anteil des Auslandsgeschäfts bislang – und wie wollen sie neue Kunden außerhalb Deutschlands gewinnen?

Reichmann Derzeit kommen wegen der aktuellen Gesetzesänderung in Deutschland etwa 30 Prozent aus dem Ausland, wir wollen diesen Anteil auf 70 Prozent steigern. Das ist unser Ziel für die kommenden fünf Jahre. Wir sehen in vielen Ländern enorme Potenziale.

Christian Leis Dabei werden wir auch in Märkte expandieren, in die bislang weder SHERPA noch AUTOPSTENHOJ vorge-drungen sind. Auf der Landkarte unserer Auslandsvertretungen, etwa auf dem amerikanischen Kontinent, gibt es noch große weiße Flächen. In diese Märke wollen wir jetzt hinein, die Automechanika hat uns besonders in Südamerika große Chancen aufgezeigt. Es gibt einen wachsenden Kreis von Ländern und Regionen, die eine zentrale Sicherheitsprüfung von Kraftfahrzeugen einführen wollen und sich dabei an Deutschland und den Erfahrungen unserer großen Überwachungsorganisationen orientieren. Manche Länder wie Brasi-lien oder Indien stecken noch in einer frühen Planungsphase, andere sind schon sehr weit. Dort wird bereits in den Aufbau von Prüfstraßen investiert.

Unsere internationale Expansion können wir an der Seite der großen Überwachungsorganisationen vorantreiben, mit denen wir schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Parallel wollen wir aber mit weiteren Vertriebs- und Servicepartnern im Auslandsgeschäft in neue Märkte vorstoßen, um Werkstätten als Kunden zu gewinnen.

Wie sind Sie im internationalen Wettbewerb aufgestellt?

Leis Wir stoßen weltweit auf viele Mitbewerber, die wir bereits aus den deutschen oder den europäischen Märkten kennen. Hinzu kommt neue Konkurrenz, etwa aus China oder Russland. Oder spanische Anbieter, die besonders in Lateinamerika stark sind. Entscheidend bleibt für uns, die Anforderungen vor Ort genau zu verstehen und unser Produktportfolio konsequent auf die Kundenwünsche auszurichten. Dabei erfüllen wir die höchsten technischen Anforderungen und müssen Low-Cost-Anbieter nicht fürchten. Schließlich orientieren sich Länder, die sich mit der Einführung von Sicherheitsprüfungen befassen, bei der Qualität an den Standards, die wir aus Deutschland und Europa kennen. Durch die guten Erfahrungen mit unseren Produkten auf dem deutschen Markt, setzen immer mehr Überwachungsorganisationen auch im Ausland auf die Prüftechnik aus dem Hause SHERPA.

Was zeichnet SHERPA im Wettbewerb besonders aus?

Leis
Neben der Langlebigkeit unserer Produkte vor allem un-sere Innovationskraft. SHERPA hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Patente angemeldet, die unseren Kunden das Tagesgeschäft erheblich leichter machen. So zum Beispiel die von uns erfundene automatische Allraderkennung oder die EDOS-Ausfahrhilfe (Easy Drive Out System). Die kommen auch auf den internationalen Märkten sehr gut an. Zugleich haben wir unsere Produktpalette in kurzer Zeit deutlich aus-geweitet und komplettiert.

Welche Vorteile bietet die Zusammenarbeit in der STENHOJ-Gruppe?

Reichmann Sie stärkt unsere internationale Reichweite und unsere Vertriebskraft, weil die Unternehmen der Gruppe welt-weit aktiv sind. Über unsere Schwesterunternehmen können etwa Überwachungsorganisationen auch in Märkten, in denen wir noch nicht vertreten sind, auf unsere Produkte zugreifen. Außerdem haben wir den riesigen Vorteil, die Supply Chain nahezu vollständig in der Gruppe zu haben – so etwa beim Scheinwerfereinstellgerät MECO-SEP. Damit ist die Qualität noch besser kontrollierbar. Und wenn wir auf internes Knowhow zugreifen, können wir unsere Produktpalette viel schneller anpassen und erweitern. Deshalb wird dieses Knowhow gepflegt und ausgebaut. Hinzu kommen die Vielseitigkeit und Internationalität der Mitarbeiter und der Führungskräfte. Wir sind in der Gruppe sehr gut aufgestellt.

Leis
STENHOJ ist seit mehr als 100 Jahren am Markt und die Gruppe verfügt über einen großen Schatz an Erfahrungen. Den teilen wir mit unseren Schwesterunternehmen und profitieren alle davon. Wir können so auf bewährte Technologien zugreifen und sie bei Bedarf weiterentwickeln und anpassen. So sind wir schneller mit Innovationen am Markt und können uns besser als viele Wettbewerber auf veränderte oder spezifische Anforderungen unserer Kunden einstellen.

Reichmann Zugleich bleiben uns aber alle Freiheiten, Pro-dukte selbst zu entwickeln und weiterzuentwickeln. Das ist wichtig. Denn wir operieren bei der Prüf- und Messtechnik auf sehr hohem technischen Niveau. Da liegen unsere Stärken, die wir beständig weiter ausbauen müssen.

Welche Bedeutung haben die großen Überwachungsorganisationen für das Geschäft von SHERPA?


Leis Weil sie eine wichtige Rolle im Markt spielen, sind die Überwachungsorganisationen für uns nicht nur Kunden mit herausragender Bedeutung, sondern auch wichtige Multiplikatoren. Denn Werkstätten sind meist weltweit auf die Kooperation mit den Überwachungsorganisationen angewiesen. Sie schicken die von Ihnen reparierten Fahrzeuge dorthin zur Prüfung, soweit sie noch nicht über eigene Prüfgeräte verfügen. Dabei lernen die Werkstätten unsere Geräte kennen und schätzen, sodass sie SHERPA im Blick haben, wenn sie selbst in einen Prüfstand investieren wollen.

Reichmann Der Anteil des Geschäfts mit den großen Überwachungsorganisationen an unserem Gesamtumsatz liegt in Deutschland deutlich unter zehn Prozent. Schließlich ist die Zahl der Standorte der Überwachungsorganisationen weitaus kleiner, als die der Werkstätten. In manchen Märkten kann es aber auch so geregelt sein, dass große Überwachungsorganisationen die Prüfstationen betreiben und dafür Partner bei der Ausrüstung brauchen. Das ist für uns ein weiterer Ansatzpunkt, auf den wir die gesamte Gruppe noch stärker ausrichten. Dazu wurde kürzlich die Abteilung Periodical Technical Inspection (PTI) unter Führung von Chris Manby gegründet.

Wo sehen Sie weitere Wachstumspotenziale?

Leis Die sehen wir neben den Prüforganisationen und den Werkstätten vor allem bei den Fahrzeugherstellern. Da wollen wir im Verbund mit unseren Schwesterunternehmen, die hier bereits als Anbieter von Hebebühnen stark vertreten sind, neue Kunden gewinnen.

Wie schnell kann SHERPA die Produktion an eine international wachsende Nachfrage anpassen?

Reichmann Wir arbeiten mit einem Netzwerk von Zulieferern, welche die von uns entwickelten Anlagen herstellen. Um auf Auftragsspitzen künftig noch flexibler reagieren zu können, wollen wir die Zusammenarbeit mit einer Maschinenfabrik in Dänemark, die zu einem Schwesterunternehmen aus der STENHOJ-Gruppe gehört, weiter ausbauen. Damit haben wir einen verlässlichen Zugang zu Produktionskapazitäten, den wir nutzen wollen, um längere Lieferzeiten zu vermeiden.

Welche Rolle spielen die Vertriebs- und Servicepartner von SHERPA in Ihrer Wachstumsstrategie?


Reichmann In Deutschland und Europa sind wir bei Vertrieb und Service bereits gut aufgestellt. Hier werden wir weiter auf die bewährten Partner setzen, denen wir in Schulungen laufend das Knowhow für den Verkauf und die Wartung unserer Produkte vermitteln.

Leis Zusätzlich haben wir auf dem deutschen Markt Anfang 2018 mit dem Aufbau eines Werkskundendienstes begonnen. Damit versorgen wir vor allem unsere großen Kunden noch schneller und gezielter. Das ist die Speerspitze unseres Ser-vice-Angebots, mit speziell ausgebildeten Mitarbeitern, die die Anlagen von SHERPA genau kennen und damit besonders kompetent betreuen können. Auch im Ausland werden wir verstärkt auf solche Partnerschaften setzen und ein Netz von Vertriebs- und Servicepartnern aufbauen, die Produkte von SHERPA verkaufen und warten. So wollen wir unseren Kun-den weltweit einen hohen Standard bieten.

Der langjährige Geschäftsführer Manfred Rischke hat bei SHERPA eine Innovationskultur begründet, die für den Er-folg der vergangenen Jahre entscheidend war. Wie wollen Sie diese Kultur bewahren und weiterentwickeln?

Reichmann Die Entwicklung neuer, innovativer Produkte und Technologien bleibt auch in Zukunft die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von SHERPA. Wir haben das Team neu aufgestellt, mit einem Entwicklungsleiter, der sehr erfah-ren im Projektmanagement ist. Neben dem Wissen um die genauen Bedürfnisse der Kunden ist das der Schlüssel für Produktinnovationen. Wir werden weiter genau hinhören, was unsere Kunden wollen, laden dazu Überwachungsorganisati-onen ebenso wie Werkstätten und Fahrzeughersteller zum Dialog ein, um dann mit den gut ausgebildeten und hoch motivierten Experten aus unserem Entwicklerteam an Lösungen zu arbeiten

Wo sehen sie noch Raum für Produktinnovationen bei SHERPA?

Reichmann Im Bereich der Mechanik sind die Potenziale wahrscheinlich schon weitgehend ausgereizt. Aber es gibt noch viele Möglichkeiten, die sich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung ergeben. Unsere Produkte werden stärker vernetzt, Daten werden gesammelt und ausgewertet, um Betrieb und den Service für unsere Anlagen, etwa durch vorausschauende Wartung, weiter zu optimieren und die Stillstands-zeiten möglichst kurz zu halten.

Leis Viele Anwendungen, die andere Unternehmen erst jetzt für sich entdecken, sind für uns längst eine Selbstverständlichkeit. So etwa bei der Fernwartung: Da können wir uns bereits seit Jahren bei Bedarf auf die Anlagen unserer Kunden aufschalten. Auf der Automechanika hat unser Business Process Support Team die Einsatzmöglichkeiten von Virtual und Augmented Reality präsentiert, die wir künftig bei der Planung neuer Prüfstraßen nutzen. Damit kann man in reale Räume hineingehen und mit Hilfe der virtuellen Darstellung genau schauen, wie und wo unsere Produkte hineinpassen würden. Diese Technologie wollen wir auch zu Schulung und im Service anwenden.

Was sind die größten Herausforderungen der kommenden Monate?

Reichmann In den kommenden Monaten werden wir intensiv daran arbeiten, unsere Lieferfähigkeit weiter zu erhöhen und beim Output flexibler zu werden. Langfristig wird es darauf ankommen, bei der Digitalisierung überlegt und fokussiert voran-zugehen und dabei stets darauf zu achten, was der Markt wirklich will. Wir konzentrieren unsere Ressourcen darauf, mit neuen Technologien Probleme besser zu lösen und rennen nicht irgendwelchen Trends oder Schlagworten hinterher. Deshalb implementieren wir nur solche Innovationen in unsere Produkte, die unsere Kunden wirklich weiterbringen. Dazu wollen wir künftig noch früher in der Produktentwicklung den Dialog mit den Nutzern unserer Anlagen suchen und sie einladen, uns dabei noch enger zu begleiten. Wir werden den Austausch mit unseren Schwesterunternehmen in der STENHOJ-Gruppe intensivieren, um unsere gemeinsame Schlagkraft noch weiter zu erhöhen.

Und wo sehen Sie SHERPA in fünf Jahren?

Reichmann In fünf Jahren sind wir bei der Entwicklung von Prüfausrüstungen auch international das Maß der Dinge. Wir werden eine Reihe neuer Märkte erschlossen haben, in denen SHERPA heute noch nicht vertreten ist. Wir haben bis dahin einen neuen Firmensitz hier in der Region gefunden, mit Platz für eine Prüfstraße als Vorzeige- und Schulungsobjekt und weitere Räume für die Schulungen unserer Partner aus aller Welt, sowie eine ausgebaute Testumgebung mit einer neuen Prototypenwerkstatt. Und wir werden unseren Umsatz im Vergleich zu heute noch einmal verdoppelt haben.